Am zweiten Tag unseres Aufenthalts in der Nähe von Mwanza haben wir die Lumve Sekundarschule besucht. Es war ein besonderer Moment. Eine Schule mit 1400 SchülerInnen, die die Klassenstufen 8 bis 11 umfassen. In Tansania wird diese Schulform als „Lower Secondary School“ bezeichnet. Die SchülerInnen durchlaufen hier also die Klassen 8 bis 11, und danach gibt es noch die „Higher Secondary School“, die der 12. und 13. Klasse entspricht. Diese wird allerdings nicht an der Lumve angeboten. Die Stimmung dort war von Anfang an beeindruckend – etwas anders als bei den Grundschulen, die wir bisher besucht hatten. Während die Grundschulkinder zutraulicher und neugieriger wirken, begegnen einem hier Jugendliche, die, wie überall auf der Welt, eine breite Palette an Charakteren mit sich bringen: schüchtern, frech, ordentlich, chaotisch, neugierig und gleichzeitig voller Fragen.

Unsere Maßnahmen

Wir haben uns gezielt darauf konzentriert, die bedürftigsten Kinder mit dem Nötigsten für ihren Schulalltag auszustatten. Es war ein bewegender Moment, als wir sahen, wie die Kinder ihre neuen Rucksäcke entgegennahmen, die mit zehn Heften gefüllt waren – für jedes ihrer zehn Fächer ein eigenes Heft. Dabei handelt es sich nicht um einfache Schreibhefte, sondern um stabile Hardcover-Schreibbücher, die den täglichen Gebrauch in der Schule überstehen sollen. Neben diesen Schulmaterialien erhielten die Kinder Stifte, Lineale und Radiergummis, die sie dringend benötigen, um am Unterricht aktiv teilzunehmen. Die Schule selbst wurde mit ausreichend Kopierpapier versorgt, das so oft fehlt und doch so essenziell ist für den Schulbetrieb.

Aber auch Schuluniformen waren ein großer Bestandteil unserer Unterstützung. Es war schön zu sehen, wie stolz die Kinder auf ihre neuen Uniformen waren. Jede/r SchülerIn bekam entweder zwei Röcke oder zwei Hosen sowie eine Bluse oder ein Hemd. Auch Schuhe und ein Trainingsanzug gehörten zur Grundausstattung. Es mag nach einer Kleinigkeit klingen, aber für diese Kinder ist die Uniform nicht nur ein Stück Stoff – es ist ihr Zugang zu Bildung. Denn ohne eine Schuluniform dürfen sie die Schule nicht besuchen. 

Herausforderungen der Schule

Obwohl die Schule von außen in einem guten baulichen Zustand ist, gibt es im Inneren massive Probleme, die uns sofort ins Auge sprangen. Viele Klassenzimmer sind kaum mit Möbeln ausgestattet. Zahlreiche SchülerInnen sitzen auf dem Boden sitzen und versuchen dort ihre Aufgaben zu erledigen. Tische und Stühle sind Mangelware, und das erschwert den Unterricht ungemein. Doch nicht nur die SchülerInnen sind betroffen. Auch die LehrerInnen haben kein ordentliches Lehrerzimmer, keinen Raum für Unterrichtsvorbereitung, keine angemessenen Arbeitsbedingungen. Ein weiteres, großes Problem ist, dass etwa 30 % der Kinder oft gar kein Heft oder Material dabeihaben, obwohl der Unterricht läuft. Sie sitzen einfach da, ohne eine Möglichkeit, aktiv mitzumachen. Das macht es für die LehrerInnen natürlich extrem schwer, die Kinder adäquat zu unterrichten.

Die Bedeutung der Schuluniform

Wie bereits erwähnt, ist die Schuluniform verpflichtend, um überhaupt am Unterricht teilnehmen zu dürfen. Es hat uns tief berührt, zu hören, wie die Familien oft alles daransetzen, dass ihre Kinder die notwendige Uniform bekommen. Für viele ist das nicht selbstverständlich, und sie müssen bei Verwandten oder Nachbarn um Hilfe bitten. Doch man merkt, wie stolz die Eltern darauf sind, wenn ihre Kinder ordentlich gekleidet zur Schule gehen können. Die Uniform hat in der Sekundarschule eine noch größere Bedeutung als in der Grundschule. Die Jugendlichen sind sich ihrer Kleidung sehr bewusst, achten darauf, dass alles passt und ordentlich aussieht – ganz wie Teenager überall auf der Welt.

Besondere Herausforderungen beim Lernen

Der Unterricht in der Sekundarschule wird komplett auf Englisch gehalten, obwohl die Kinder von der Grundschule kommen und oft kaum Englisch verstehen. Das heißt, sie sitzen in den ersten zwei Jahren fast wie im Nebel, da sie der Sprache nicht wirklich folgen können. Kisuaheli, die eigentliche Landessprache, wird nicht als Unterrichtssprache genutzt – außer im Fach Kisuaheli selbst. Es ist ein großer Diskussionspunkt in der Regierung, ob der Unterricht auf Kisuaheli umgestellt werden sollte, denn die meisten Kinder verstehen den Lernstoff aufgrund der Sprachbarriere nicht. Der Schulleiter erklärte uns, dass das Hauptproblem die Kosten seien: Alle Lehrbücher müssten in Kisuaheli übersetzt und neu gedruckt werden, was das Land sich nicht leisten kann. Diese Sprachproblematik zieht sich durch den gesamten Unterricht, und es bleibt viel Lernpotenzial auf der Strecke.

Das Leben in der Schule vor den Prüfungen

Ein weiterer bemerkenswerter Punkt ist, dass die SchülerInnen vor den nationalen Prüfungen der 11. Klasse für zwei Monate in der Schule wohnen, um sich intensiv auf die Prüfungen vorzubereiten. Dies wird so organisiert, weil viele Kinder weite Schulwege haben und dort oft im Haushalt viel helfen müssen, was sie vom Lernen abhält. So leben sie für diese zwei Monate auf engstem Raum, schlafen auf einfachen Schaumstoffmatratzen ohne Bezug und werden in einem provisorischen Klassenraum mit großen Töpfen und Feuerholz bekocht. Diese Situation hat uns besonders beeindruckt, da sie zeigt, wie wichtig Bildung hier ist, selbst unter so herausfordernden Bedingungen.

Die Fahrräder und Michael

Ein weiterer, sehr emotionaler Moment war der Besuch von Michael, einem älteren Herrn, der sich um die 60 Fahrräder kümmert, die wir der Schule gespendet haben. Michael, wahrscheinlich um die 60 oder 70 Jahre alt, kam mit einer Luftpumpe unter dem Arm und einem Notizbuch, in dem er akribisch den Zustand der Fahrräder festhielt. Er ist verantwortlich dafür, dass die Fahrräder in gutem Zustand bleiben, und es war ihm deutlich anzumerken, wie wichtig ihm diese Aufgabe ist. Für ihn ist es ein Job, mit dem er einen Teil seines sicher sehr kärglichen Leben bestreitet. Die Fahrräder ermöglichen es den SchülerInnen, die oft kilometerlange Wege zur Schule zurücklegen müssen, überhaupt regelmäßig am Unterricht teilzunehmen.

Dankbarkeit und Anfragen

Unser Besuch wurde mit einer großen Feierlichkeit verbunden. RegierungsvertreterInnen waren anwesend, es wurden lange Reden gehalten und man spürte in jedem Moment die Dankbarkeit der Schulgemeinschaft. Es war ein Gefühl tiefer Anerkennung, aber auch immer wieder die Bitte um weitere Hilfe. Es war nicht überzogen, aber man spürt, dass diese Menschen oft keine anderen Möglichkeiten haben, als auf uns zu hoffen. Der Staat kann diese Unterstützung nicht leisten, und so wenden sich die Schulen mit ihren dringenden Bedürfnissen an uns.

Insgesamt war es ein sehr emotionaler und eindrucksvoller Besuch. Die Schule selbst macht einen guten Eindruck, doch es fehlt an so vielen wichtigen Dingen, die den Alltag erleichtern könnten. 

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