Die Reise nach Tansania war für Clarissa und mich ein besonderes Anliegen. Der Besuch unserer Partnerschulen, der Igoma C Grundschule und der Lumve Sekundarschule, stellte sich mal wieder als bedeutsamer heraus, als wir es uns im Vorfeld hätten vorstellen können. Der direkte Austausch mit den Lehrern, Schuldirektoren und unserem langjährigen Partner Kishosha hat uns einmal mehr gezeigt, wie wichtig der persönliche Kontakt ist, um die Umsetzung unserer Projekte zu überprüfen und gemeinsam neue Visionen zu entwickeln. Denn oft, so haben wir festgestellt, gehen die Vorstellungen zwischen den Gebern und den Empfängern von Hilfsmaßnahmen auseinander. Diese Diskrepanz liegt oft nicht an mangelndem Engagement oder gutem Willen, sondern an den völlig unterschiedlichen Realitäten, in denen wir leben.
Die Igoma C Grundschule: Ein Blick auf die Herausforderungen
Als ich 2018 an der Igoma C Grundschule ankam, traf uns die Realität der Verhältnisse hart. Die Gebäude der Schule waren in einem erbärmlichen Zustand. Baufällige Klassenzimmer, undichte Dächer, kaum funktionierende Möbel und fast keine Lernmaterialien. Die Lehrer standen vor einer Mammutaufgabe: Sie mussten Klassen mit bis zu 200 Schülern gleichzeitig unterrichten. Die meisten Kinder saßen auf dem Boden, da es nicht genug Tische und Stühle gab, und viele kamen ohne Schreibhefte oder Stifte zum Unterricht. Wie kann unter solchen Bedingungen eine sinnvolle Bildung vermittelt werden?
Unsere Unterstützung der Igoma C Grundschule begann bereits 2018. Seitdem haben wir viel erreicht: Wir haben bestehende Klassenzimmer renoviert, Pulte und Stühle repariert, eine Regenwasseraufbereitungsanlage installiert, um den Kindern Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen, und die Schule mit Strom versorgt. Jedes Jahr stellen wir den bedürftigsten Kindern Schulmaterialien und Uniformen zur Verfügung, um sicherzustellen, dass sie am Unterricht teilnehmen können.
Es war uns wichtig, den Status quo dieser Maßnahmen zu überprüfen, um sicherzustellen, dass die Fortschritte nachhaltig sind. Zu unserer Freude wurden wir nicht enttäuscht. Die Lehrer und Schüler begrüßten uns herzlich und zeigten uns voller Stolz die Verbesserungen, die durch unsere Unterstützung möglich waren. Besonders bewegend war die Ansprache eines Lehrers, der akribisch jeden kleinen Fortschritt auflistete und uns mitteilte, wie dankbar sie für die Unterstützung sind.
Erfolg sichtbar: Die Schule steigt im Ranking auf
Besonders beeindruckend war die Verbesserung der Schulleistung. Die Igoma C Grundschule, die einst auf einem der hintersten Plätze im Distrikt rangierte, hat sich auf Platz 1 von 8 im Bezirk und Platz 7 von 87 im gesamten Distrikt hochgearbeitet. Diese Verbesserung zeigt, dass nicht nur die materiellen Maßnahmen umgesetzt wurden, sondern dass die Lehrer auch intensiv daran gearbeitet haben, den Kindern eine bessere Bildung zu ermöglichen. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen war dies ein deutlicher Beweis dafür, dass sich Engagement und die richtige Unterstützung auszahlen.
Die Igoma C Grundschule unterrichtet Kinder vom Kindergarten bis zur siebten Klasse. Nach Abschluss der siebten Klasse absolvieren die Kinder das National Exam, das zentral durchgeführt wird. Die Ergebnisse der Schüler haben sich in den letzten Jahren stetig verbessert, auch wenn das allgemeine Bildungsniveau in Tansania nach wie vor erschreckend niedrig ist.
Englisch als Schlüsselkompetenz
Eines der größten Probleme, die wir während unseres Besuchs festgestellt haben, ist die Sprachbarriere. In Tansania werden die Kinder bis zur siebten Klasse in der Landessprache Kiswahili unterrichtet. Ab der achten Klasse findet der gesamte Unterricht auf Englisch statt, was für viele Schüler eine große Hürde darstellt. Sie verstehen oft zwei Jahre lang nicht, was der Lehrer sagt, da sie nicht ausreichend auf die englische Sprache vorbereitet wurden.
Um dieses Problem anzugehen, haben wir mit den Lehrern ein Maßnahmenpaket besprochen, das darauf abzielt, die Englischkenntnisse sowohl der Lehrer als auch der Schüler zu verbessern. Geplant sind wöchentliche Englischtrainings für die Lehrer, die von einem qualifizierten Englischlehrer geleitet werden. Darüber hinaus wollen wir Geschichtenbücher anschaffen, die in einem einfachem Englisch geschrieben sind, um den Schülern den Einstieg in die Sprache zu erleichtern. Ziel ist es, dass die Kinder am Ende der siebten Klasse in der Lage sind, einfache Gespräche auf Englisch zu führen und den Unterricht auf der weiterführenden Schule besser zu verstehen.
Schulmaterialien für bedürftige Kinder
Ein weiteres Problem, das uns besonders am Herzen liegt, ist die Ausstattung der Kinder mit Schulmaterialien. Trotz unserer bisherigen Bemühungen gibt es immer noch viele Kinder, die ohne Schreibhefte und Stifte zum Unterricht erscheinen. Um dies zu ändern, starten wir ein Probejahr, in dem die Lehrer genau ermitteln, wie viel Schulmaterial für das gesamte Schuljahr benötigt wird. Unser Ziel ist es, sicherzustellen, dass alle bedürftigen Kinder ausreichend Materialien zur Verfügung haben, damit ihre Bildung nicht an fehlenden Heften oder Stiften scheitert.
Härtefonds für die Ärmsten
Während unseres Besuchs trafen wir auch auf besonders bedürftige Kinder wie den Jungen Hamisi der die siebte Klasse der Igoma C Grundschule abgeschlossen hat. Beide Eltern sind gestorben, und er lebt bei seiner Großmutter, die kaum in der Lage ist, das Nötigste für die Familie bereitzustellen. Als wir erfuhren, dass die Großmutter nicht das Geld für die Abschlussfeier ihres Enkels aufbringen konnte, wurde uns bewusst, dass ein Härtefonds für solche Fälle dringend notwendig ist. Wir wollen sicherstellen, dass kein Kind aufgrund finanzieller Not von wichtigen schulischen Aktivitäten ausgeschlossen wird.
Weitere Schritte: Lehrerzimmer und mehr Ausstattung
Neben den beschriebenen Maßnahmen stehen weitere wichtige Projekte an. Die Ausstattung der Schule mit Tischen und Stühlen ist nach wie vor unzureichend. Viele Kinder müssen immer noch auf dem Boden sitzen, und auch die Lehrer haben oft keinen Arbeitsplatz, an dem sie die Hefte der Kinder kontrollieren können. Der Unterricht findet unter erschwerten Bedingungen statt, da es kein Lehrerzimmer gibt. Die Lehrer sitzen oft unter Bäumen, um die Arbeiten der Schüler zu korrigieren, was bei schlechtem Wetter unmöglich ist.
Unser Ziel ist es, ein Lehrerzimmer zu bauen, das den Lehrern einen geschützten Raum für ihre wichtige Arbeit bietet. Darüber hinaus möchten wir die Schule mit weiteren Tischen und Stühlen ausstatten, damit alle Kinder und Lehrer angemessene Arbeitsbedingungen haben.
Langfristige Maßnahmen: Erosionsschutz und Schulgelände
Das Schulgelände der Igoma C Grundschule ist stark erodiert, was vor allem in der Regenzeit zu gefährlichen Bedingungen für die Kinder führt. Wir planen, das Gelände zu befestigen, um es langfristig vor Erosion zu schützen. Gleichzeitig möchten wir die Fläche nutzen, um Spiel- und Sportplätze einzurichten, die den Kindern eine sichere und ansprechende Umgebung bieten. Darüber hinaus wollen wir Bäume pflanzen und eine Bibliothek einrichten, die den Kindern Zugang zu Büchern und weiterem Lernmaterial bietet.
Fazit: Ein langer Weg, aber viel erreicht
Unsere Reise nach Tansania hat uns einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, vor Ort zu sein und sich ein Bild von den tatsächlichen Bedingungen zu machen. Die Fortschritte an der Igoma C Grundschule sind ein ermutigendes Zeichen dafür, dass unsere Arbeit Wirkung zeigt. Doch es liegt noch ein langer Weg vor uns, um sicherzustellen, dass alle Kinder eine faire Chance auf Bildung haben.
Mit den geplanten Maßnahmen, wie der Verbesserung der Englischkenntnisse, der Ausstattung mit Schulmaterialien, dem Bau eines Lehrerzimmers und der langfristigen Sicherung des Schulgeländes, hoffen wir, einen nachhaltigen Beitrag zur Zukunft der Kinder in Tansania leisten zu können. Wir sind dankbar für die engagierte Zusammenarbeit mit den Lehrern, die trotz aller Widrigkeiten ihr Bestes geben, um den Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.