Im Laufe unserer Arbeit stehen wir immer wieder vor schwierigen Entscheidungen. Entscheidungen, die wir nicht leichtfertig treffen, sondern nach gründlicher Abwägung und mit Blick auf unser zentrales Ziel: die vorhandenen Mittel dort einzusetzen, wo sie den größten Beitrag zur Bildung von Kindern leisten.

Vor knapp zwei Jahren haben wir die Sekundarschule Mangily in unsere Förderung aufgenommen. Es handelt sich um eine staatliche Mittelschule, die viele Kinder aus unserer Grundschule Tsivonoe nach ihrem Abschluss besuchen. Wie fast alle Schulen in Madagaskar ist auch die Sekundarschule Mangily von großen Herausforderungen geprägt: unzureichende Ausstattung, niedrige oder fehlende Gehälter für Lehrkräfte und ein Mangel an Lehrmaterialien.

Unsere Unterstützung für die Sekundarschule Mangily

Seit der Aufnahme in unser Programm haben wir zahlreiche Maßnahmen umgesetzt:

  • Wir finanzieren für das gesamte Lehrpersonal Fortbildungen und ein zusätzliches kleines Gehalt.
  • Wir haben eine Bibliothek eingerichtet, die von einer Hilfskraft betreut wird.
  • Ein IT-Raum wurde aufgebaut, und ein IT-Lehrer unterrichtet dort grundlegende Computerkenntnisse.
  • Der Brunnen auf dem Schulgelände wurde repariert, um die Wasserversorgung sicherzustellen.
  • Ein Wachmann wird finanziert, der nachts das Schulgelände bewacht.
  • Alle Schülerinnen und Schüler erhalten regelmäßig die benötigten Schulmaterialien.

Diese Maßnahmen sollten dazu beitragen, die Lernbedingungen deutlich zu verbessern und die Motivation innerhalb der Schule zu stärken.

Erkenntnisse bei unserem aktuellen Besuch

Bei unserem jüngsten Besuch an der Sekundarschule Mangily haben wir Materialien übergeben und Gespräche mit der Schulleitung sowie dem Kollegium geführt. Dabei fiel uns auf, dass sich die allgemeine Stimmung und Motivation im Kollegium kaum verändert hat – trotz der zusätzlichen Unterstützung.

Zwar gibt es einige engagierte Lehrkräfte, doch insgesamt bewegen sich die Leistungen der Schülerinnen und Schüler weiterhin auf einem deutlich unterdurchschnittlichen Niveau, und es hat sich kein wirklicher Aufwärtstrend entwickelt.

Bei unserem Gespräch mit den Lehrkräften darüber, was man tun könnte, um die Situation an der Schule zu verbessern, wirkten viele zunächst etwas gelangweilt und widerwillig. Erst nach einiger Zeit haben sich dann einige gemeldet und Vorschläge gemacht – aber insgesamt war es ein sehr zähes und frustrierendes Gespräch.

Auch die schließlich eingebrachten Ideen bezogen sich meist auf sehr hohe finanzielle Investitionen – Mittel, die weit über das hinausgehen, was wir leisten können. Neben den Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit Schulleitung und Lehrkräften ist dieser finanzielle Aspekt einer der ausschlaggebenden Gründe, weshalb wir die Unterstützung der Schule kritisch hinterfragen müssen.

Unsere lokale Partnerin Patty stand in regelmäßigem Kontakt mit der Schule und hat sie auch immer wieder besucht. Eine ausreichende Begleitung und Kontrolle waren somit eigentlich gegeben – allerdings war die Zusammenarbeit insgesamt deutlich mühsamer als beispielsweise mit unserer Grundschule Tsivonoe.

Wenn Hilfe ihre Wirkung verliert

Besonders deutlich wurde uns bei diesem Besuch, dass die von uns geleistete Unterstützung – insbesondere die zusätzlichen Gehälter – an Wirkung verliert, wenn sie nicht mit einer spürbaren Veränderung im Engagement und in den Lernergebnissen einhergeht. Diverse Lehrkräfte betrachteten das zusätzliche Einkommen offenbar als selbstverständlich, ohne den Zusammenhang zwischen der Förderung und den damit verbundenen Erwartungen zu reflektieren.

Uns ist bewusst, dass die Rahmenbedingungen für Lehrkräfte in Madagaskar äußerst schwierig sind. Niedrige staatliche Gehälter, mangelnde Ausstattung und fehlende Perspektiven erschweren ihren Arbeitsalltag erheblich. Dennoch können wir als Organisation nur dort langfristig fördern, wo ein gemeinsames Verantwortungsgefühl entsteht und spürbar ist, dass unsere Unterstützung tatsächlich etwas bewegt.

Unsere Unterstützung soll nicht einfach bestehende Strukturen finanzieren, sondern Impulse setzen und Entwicklungen ermöglichen. Wenn dies nicht gelingt, müssen wir den Einsatz unserer Mittel kritisch hinterfragen und gegebenenfalls neu ausrichten.

Eine schwierige, aber notwendige Entscheidung

Nach intensiven Gesprächen und reiflicher Überlegung – und in engem Austausch mit unserer lokalen Partnerin, die die Situation ebenfalls als sehr herausfordernd einschätzt – stehen wir nun vor der Entscheidung, unsere Förderung an der Sekundarschule Mangily zu beenden und die Mittel künftig einer anderen Schule zukommen zu lassen, an der wir eine deutlich höhere Wirksamkeit erwarten können.

Diese Entscheidung fällt uns sehr schwer. Sie ist für uns emotional belastend, weil wir wissen, dass darunter Kinder und Jugendliche betroffen sind, die bislang von unserer Unterstützung profitiert haben – Kinder, die selbst keine Verantwortung für die Situation tragen. Gerade deshalb ist es für uns so schwierig, diesen Schritt zu gehen. Derzeit prüfen wir, wie wir künftig sicherstellen können, dass unsere Grundschulkinder auch nach ihrem Abschluss weiterhin Zugang zu guter Bildung haben.

Doch wir tragen die Verantwortung, die Spenden und Fördergelder dort einzusetzen, wo sie den größten und nachhaltigsten Nutzen für Bildung und Zukunftschancen junger Menschen haben. Diese gezielte Verwendung der Mittel ist und bleibt unsere oberste Priorität.

Positive Beispiele geben Zuversicht

Nach diesen anspruchsvollen und ernüchternden Gesprächen an der Sekundarschule Mangily besuchten wir erneut unsere Grundschule Tsivonoe – und erlebten dort das genaue Gegenteil.

Schon beim Betreten der Schule spürten wir die positive Energie: Wertschätzung, Fröhlichkeit, Motivation und Tatkraft. Die Lehrerinnen und Lehrer hatten viele eigene Ideen entwickelt, wie sich mit vergleichsweise geringem finanziellen Einsatz neue Maßnahmen effizient und effektiv umsetzen lassen. Alle arbeiteten mit großem Engagement, Freude und gemeinschaftlichem Denken daran, diese umzusetzen – und das in beeindruckender Geschwindigkeit.

Diese fast übersprudelnde Motivation, die Begeisterung für ihre Arbeit und die sichtbare Freude der Kinder zeigen uns, wie viel möglich ist, wenn alle Beteiligten gemeinsam Verantwortung übernehmen. Solche Erfahrungen geben uns Kraft und Zuversicht, unseren Weg konsequent weiterzugehen – mit Fokus, aber auch mit Herz.

Verantwortung heißt auch Selbstkritik

Solche Entscheidungen gehören zu den schwierigsten in unserer Arbeit. Doch sie sind Ausdruck unserer Überzeugung, dass echte Hilfe immer auch Selbstreflexion braucht. Nur wenn wir uns selbst regelmäßig hinterfragen und bereit sind, Konsequenzen zu ziehen, können wir glaubwürdig, verantwortungsvoll und wirksam handeln – im Sinne der Kinder, für die wir arbeiten.

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