Wir haben vier unserer Kinder in ihrem Zuhause besucht

Wie bereits bei unserem Besuch in Madagaskar durften wir auch in Nepal einige Kinder unserer Schulen in ihrem zu Hause besuchen. Die Kinder aller unserer Schulen der Bergregion stammen aus sehr armen Verhältnissen. Doch wie unterschiedlich diese Armut aussehen kann, ist einem häufig gar nicht so sehr bewusst. Daher ist es uns wichtig, über diese unterschiedlichen Erfahrungen und Eindrücke zu berichten.

Anushka ist 9 Jahre alt und geht in die 5. Klasse der Grundschule Setidevi (Mountain School). In welchen Verhältnissen sie aufwächst, hat uns besonders erschüttert. Sie ist die älteste von insgesamt sechs Kindern und teilt sich mit vier ihrer Geschwister eine kleine dunkle Kammer, in der nur Platz für ein größeres Bett ist, das sich die Geschwister teilen. Unmittelbar daneben wird das Feuerholz gelagert. Ihr jüngster Bruder ist nur knapp ein Jahr alt und schläft bei den Eltern. Anushkas Vater ist Schneider, gemeinsam mit dem Großvater haben sie die Uniformen für die Kinder der Setidevi School angefertigt. Anushkas Mutter ist Farmerin, sie bewirtschaftet die Felder, die im Besitz der Familie sind und muss täglich tief in die Wälder, um dort das Futter für die Tiere zu besorgen. Zwei Büffel, eine Kuh und fünf Ziegen gehören zur Großfamilie. Meistens ist es Anushkas Aufgabe, das Gras für die Tiere zu schneiden, sie zu füttern und nebenbei noch auf ihre jüngeren Geschwister aufzupassen. Auf sehr engem Raum lebt die achtköpfige Familie zusammen und teilt sich das Grundstück und die “Küche” mit noch zwei weiteren Familien, gekocht wird auf offenem Feuer.

Besonders herzzerreißend war die Geschichte des kleinen Riddams. Der 8-jährige geht in die 4. Klasse der Grundschule Kalidevi. Zwar lebt er vergleichsweise gut, dennoch berührte uns seine Familiengeschichte sehr. Der Junge wohnt bei seinen Großeltern, denn seine Eltern haben ihn dort zurückgelassen. Nachdem diese sich getrennt hatten, haben sie jeweils mit ihren neuen Partnern ein neues Leben begonnen, ohne Riddam. Täglich muss der 8-jährige dabei helfen, Kanister voller Wasser zu schleppen. Bereits morgens um 6 Uhr steht Riddam auf, schneidet das Gras und füttert damit die Tiere, zwei Büffel, zwei Ziegen und ein paar Hühner. Sein Großvater war einst Schreiner, nun bewirtschaftet er mit seiner Frau zusammen die Felder. Gekocht wird hier mit einem Gasbrenner, damit lebt Riddam deutlich gesünder als die meisten anderen Kinder, da es keine giftigen Rauchschwaden gibt, die die Wohn- und Schlafräume umhüllen. Außerdem gibt es in jedem Zimmer elektrisches Licht. Um 10 Uhr beginnt dann für Riddam die Schule, bis 16 Uhr. Danach hilft er seinen Großeltern oder spielt mit seinen Freunden, die direkt nebenan wohnen.

Rossam ist mit 17 Jahre, der älteste unserer Schüler:innen, den wir zu Hause besucht haben. Er machte gerade an der Arunodaya sein Abitur mit dem Schwerpunkt Economics und möchte nach dem Abschluss seiner großen Schwester zum Militär folgen. Er lebt gemeinsam mit seinem 10 Jahre alten Bruder, seinen Eltern und Großeltern auf einem kleinen Hof. Als einziger hat er ein eigenes Zimmer, in dem sogar ein sehr alter Fernseher steht, der aussieht, als stamme er aus dem vergangenen Jahrhundert, dennoch funktioniert dieser noch einwandfrei. Seine Eltern bewirtschaften die Felder, auf denen die Familie Knoblauch, Hirse und Kurkuma anbaut. Zu seinen Aufgaben gehört es, das Futtergras für die Tiere (zwei Kühe und vier Ziegen) zu schneiden.

Zuletzt haben wir die 13 Jahre alte Sangita besucht. Sie geht in die 9. Klasse der Banadevi Schule. Diese liegt auf der anderen Seite der Berge, wo ein gänzlich anderes Klima herrscht, das schon beinahe tropisch ist. Hier gibt es deutlich mehr Sonne, weshalb die Familien dieser Bergseite vergleichsweise wohlhabender sind, da die Bedingungen zum Anbau deutlich günstiger sind. Sogar Obst kann die Familie regelmäßig ernten. Auf den Feldern, die die Familie bewirtschaftet, wachsen Reis, Hirse und Mais sowie Bananen, Kakis, Guaven und Mandarinen. Außerdem besitzt die Familie drei Kühe und eine Ziege. Sangita hat noch zwei weitere Geschwister, einen einjährigen Bruder und eine 8 Jahre alte Schwester. Morgens muss sie als allererstes Feuer machen, manchmal auch kochen, fegen und schließlich die Tiere füttern. Sobald sie nachmittags aus der Schule kommt, hilft sie in der Regel ihren Eltern auf den Feldern. Anders als bei den meisten Familien der Region, muss das Wasser nicht bis zum Haus geschleppt werden: Von einer Quelle, die weiter bergaufwärts liegt, führt ein Schlauch zum Haus der Familie. Und auch über einen Stromanschluss verfügt die Familie. Zum Abschied hat uns die Familie, die uns wirklich sehr warmherzig und freundlich empfangen hat, noch eine Tüte eigener Mandarinen als Geschenk mitgegeben.

Newsletter

Bleiben Sie auf dem Laufenden! Wir informieren Sie bis zu viermal im Jahr über Neuigkeiten. Neuen Abonnenten schenken wir einen Bleistift!*

Vielen Dank für Ihr Interesse! Wichtig: Bitte bestätigen Sie die Anmeldung zum Newsletter in der Email, die wir Ihnen gerade geschickt haben. Damit stellen wir sicher, dass Ihre Emailadresse nicht von Unbefugten missbraucht wird.